Kolumne

Die Jagd nach Kapitaleinkommen geht weiter

Wird 2021 das Jahr der Erholung? Die Aussichten sind nicht schlecht. Weltweit haben Geld- und Fiskalpolitik mit massiven Hilfspaketen gegengesteuert. Und endlich können auch Impfstoffe zur Bekämpfung der Corona-Pandemie zum Einsatz kommen, wenn es auch geraume Zeit benötigen wird, bis entsprechend große Anteile der Bevölkerung geimpft sind. Das lässt insgesamt über den Jahresverlauf eine Erholung der Konjunktur erwarten. Allerdings dürfte es noch einige Jahre dauern, bis das Vorkrisenniveau erreicht ist. In dieser Folge sollten sich auch die Aussichten für die Unternehmen verbessern – die Grundlage für steigende Kapitaleinkommen, schreibt Dr. Hans-Joerg Naumer von Allianz Global Investors im aktuellen FINANCIAL PLANNING Magazin.


2020 – das Jahr der Coronapandemie. Das Jahr, in dem die Zentralbanken rund um den Globus zu einer noch expansiveren Geldpolitik durchstarteten, um – geeint mit der Fiskalpolitik – den wirtschaftlichen Folgen dieser Pandemie entgegenzuwirken. Das Jahr auch, in dem die finanzielle Repression in die nächste Runde gegangen ist. Jene Phase, in der die Gläubiger (!) helfen, mittels Niedrig- und Negativrenditen die Schuldenberge abzutragen. Das Jahr auch, in dem der Anlagenotstand größer und die Suche nach Alternativen noch drängender geworden ist.

Die massiven Liquiditätsspritzen der Zentralbanken rund um den Globus, flankiert von ebenso massiven Aufkaufprogrammen bei Staatsanleihen als Antwort auf die Covid-19-Pandemie, haben die Jagd nach Rendite weiter verschärft. Gemessen am globalen AnleiheindexICE BofAML Global Fixed Income Markets rentierten im Dezember 2020 knapp 80 Prozent der Anleihen unter einem Prozent. Knapp 30 Prozent wiesen eine Rendite von unter null aus. Bezogen auf Europa ist das Bild für alle, die sich von Staatsanleihen Rendite erhoffen, noch ernüchternder. Selbst Laufzeitenbereiche von 30 Jahren haben in einigen Ländern negative Renditen. Da, wo die Vorzeichen noch positiv sind, ist kaum die Inflation zu schlagen.

Wer auf Kapitaleinkünfte setzt, wird an Dividenden kaum vorbeikommen. Allerdings: Wie die Entwicklung in Europa, den USA und dem asiatisch-pazifischen Raum zeigt, hat die Covid-19-Pandemie die Dividendenerträge im Jahr 2020 stark reduziert. Zwar stammen die 2020 ausgeschütteten Gewinne typischerweise aus den Gewinnen des Vorjahres, aber das Vorsichtsmotiv hat offensichtlich viele Firmen dazu bewogen, ihre Dividendenzahlungen zu reduzieren oder ganz auszusetzen. Teilweise durften Unternehmen auch keine Dividenden ausschütten, da sie Hilfsgelder wegen des Coronavirus erhalten hatten.

Wie sieht es also aus mit dem Kapitaleinkommen aus Dividenden?

Kapitaleinkommen mit Dividenden

Es zeigt sich: Dividenden können einem Portfolio mehr Stabilität verleihen und zu einer Verstetigung bei den Auszahlungen neigen – von Krisenjahren abgesehen, zum Beispiel dem auf den Ausbruch der globalen Finanzmarktkrise folgenden Jahr 2009.

Vor allem Investoren europäischer Aktien konnten sich in der Vergangenheit über hohe Ausschüttungssummen freuen. Diese halfen, die Gesamtperformance in Jahren negativer Kursentwicklung zu stabilisieren. Dividenden konnten Kursverluste teilweise oder sogar ganz kompensieren. Über den gesamten Zeitraum wurde die annualisierte Gesamtrendite der Aktienanlage für den MSCI Europa zu ungefähr 35 Prozent durch den Performancebeitrag der Dividenden getragen. Aber auch in anderen Regionen, wie Nordamerika (MSCI Nordamerika) oder Asien-Pazifik (MSCI Pazifik), war die Gesamtperformance zu 26 Prozent beziehungsweise zu 36 Prozent, also zu einem Drittel, durch die Dividende bestimmt.

Doch nicht nur Dividenden können für mehr Stabilität bei Aktieninvestments sorgen. Die Dividenden selbst schwanken weniger als die Konzerngewinne, wie unsere hauseigenen Berechnungen verdeutlichen. Ein Vergleich von Dividenden und Gewinnen der Indexmitglieder des S&P 500 seit 1960 zeigt, dass die Unternehmensgewinne weitaus größeren Schwankungen unterworfen waren als die Dividenden. Insbesondere während der letzten zehn Jahre war die Volatilität der Gewinne mit annualisiert knapp 25 Prozent deutlich größer als die Schwankungen der Dividenden mit leicht mehr als 4 Prozent per annum.

2021: das Jahr der Erholung?

Die aktuellen Dividendenrenditen erweisen sich als durchaus attraktiv. Sie notieren in Europa deutlich höher als Unternehmensanleihen, ganz zu schweigen von Staatsanleihen. In den USA liefern sich die Renditen von Dividenden und Unternehmensanleihen ein Kopf-an-Kopf-Rennen und liegen in beiden Fällen über denen von Staatsanleihen.

Dabei sind die Dividendenrenditen nur ein Abbild der Vergangenheit: Sie zeigen das Verhältnis der aktuellen Aktienkurse in Relation zu den zuletzt ausgezahlten Dividenden.

Wird 2021 das Jahr der Erholung? Die Aussichten sind nicht schlecht. Weltweit haben Geld- und Fiskalpolitik mit massiven Hilfspaketen gegengesteuert. Und endlich können auch Impfstoffe zur Bekämpfung der Coronapandemie zum Einsatz kommen, wenn es auch geraume Zeit benötigen wird, bis entsprechend große Anteile der Bevölkerung geimpft sind. Das lässt insgesamt über den Jahresverlauf eine Erholung der Konjunktur erwarten. Allerdings dürfte es noch einige Jahre dauern, bis das Vorkrisenniveau erreicht ist. In dieser Folge sollten sich auch die Aussichten für die Unternehmen verbessern – die Grundlage für steigende Kapitaleinkommen.

Dr. Hans-Jörg Naumer

Der promovierte Volkswirt leitet das Global Capital Markets & Thematic Research bei Allianz Global Investors


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