Kolumne

Ein Jahr voller Hoffnung!

Das Jahr 2020 wird in die Geschichte eingehen. Sicherlich nicht ganz so, wie man es noch 2019 erwartet hätte, als die Wiederwahl von Donald Trump noch als das größte Risiko galt. Dann kam die Pandemie, und die Welt veränderte sich in einem Maße, wie man es sonst nur aus Hollywoodfilmen zu Naturkatastrophen gewohnt war.

Noch nie ist es gelungen, in einer derart kurzen Zeit einen wirksamen Impfstoff zu entwickeln, zu testen und zu produzieren.

Neben vielen negativen Aspekten der Pandemie, wie den unerträglichen Infektions- und Todesfallzahlen, gab es aber auch Positives zu vermelden. Noch nie ist es gelungen, in einer derart kurzen Zeit einen wirksamen Impfstoff zu entwickeln, zu testen und zu produzieren. Speerspitze dieser Entwicklung waren nicht nur Akteure in den USA, sondern auch in Deutschland, das wieder einmal weltweit seine Innovationskraft unter Beweis stellen konnte. Auch sind weitere Kürzungen im Gesundheitssystem, wie sie noch 2019 gefordert wurden, sicherlich vom Tisch. Und Berufe, die bei schlechter Bezahlung und mit überlangen Arbeitszeiten lange ein Schattendasein gefristet hatten, rückten mehr in den Fokus.

Viele der Trends, die 2020 zu beobachten waren, werden uns auch weit über das Ende der Pandemie hinaus begleiten.

Der Siegeszug des E-Commerce ist um Jahre beschleunigt worden. Homeoffice ist keine Randerscheinung mehr, sondern in der Mitte der „Büro“-Gesellschaft angekommen und Geschäftsreisen werden sich nicht mehr nur wegen des CO2-Fußabdrucks eher rückläufig entwickeln. Doch der Preis für diese Entwicklung könnte hoch sein: Ob sich Hotel- und Gastgewerbe in voller Vielfalt erholen werden, ist mehr als fraglich. Innenstädte gleichen immer mehr Geisterstädten – schließlich waren sie schon vor Corona auf dem Weg in eine Monokultur der großen Ketten. Die Schuldensituation läuft in vielen Ländern vollkommen aus dem Ruder und auch in Deutschland, lange ein Hort finanzpolitischer Stabilität, ist die schwarze Null nur noch eine Legende aus einer anderen Zeit.

Dies hat gravierende Auswirkungen auf Volkswirtschaften und Unternehmen. Der Zins, also der Preis für Geld, bleibt auch 2021 – mit wenigen Ausnahmen – abgeschafft. Die Anleihen mit einem Volumen von bald 20 Billionen USD weltweit, die negativ rentieren, sprechen hier eine deutliche Sprache. Der Rentenmarkt bleibt weiterhin massiv beeinflusst von den Ankaufprogrammen der Notenbanken, was gravierende Auswirkungen auch auf die Liquidität hat. Gleichzeitig baut sich im Schatten der aktuell vielerorts ausgesetzten Insolvenzregeln eine Pleitewelle auf, gegen die die Anzahl von Zombieunternehmen vor der Krise winzig erscheint. Dies ist umso bedenklicher, als diese Konstellation auch gesunde Unternehmen, die mit den Zombies Geschäfte machen, infizieren könnte.

Diesen Risiken stehen jedoch auch große Chancen gegenüber: Konjunkturprogramme in Billionenhöhe stimulieren die Aktienmärkte. Der Umbau zu einer nachhaltigen Wirtschaft (Green Deal) diesseits und durch die neue US-Regierung auch jenseits des Atlantiks erfordert weitere Anstrengungen und wird gewisse Technologien boomen lassen, zum Beispiel im Bereich Wasserstoff. Interessant bleibt für aktive Manager, wie groß die Diskrepanz zwischen Gewinnern und Verlieren aktuell ist. Beim Euro Stoxx 50 lagen kürzlich Tagesgewinner und ‑verlierer ohne spezifische Nachrichten über 15 Prozentpunkte auseinander. Daher ist für einen aktiven Manager am Aktienmarkt neben dem Einzeltitelresearch auch das Risikomanagement elementar.

Neben Aktien drängen sich auch Alternative Anlagen immer stärker in den Vordergrund.

Im Immobilienbereich sind im Gewerbesektor die konjunkturellen Risiken derzeit nicht unerheblich, während im Bereich der Wohnimmobilien staatliche Eingriffe wie Mietbremse und ‑deckel die Investitionsbereitschaft hemmen. Dagegen wird Logistik wieder interessanter.

Auch lohnt sich angesichts der aktuellen Niveaus auch der Blick auf einzelne Nischensegmente. Wandelanleihen hatten sich zuletzt schon gut entwickelt, scheinen aber auch für 2021 eine interessante Beimischung zu sein, wo es gilt, Risiken zu begrenzen. Zudem sollten Investoren sich wieder stärker mit marktneutralen Strategien auseinandersetzen, die von der hohen Renditespreizung bei Einzeltiteln profitieren und unabhängig vom Markt gute Chancen haben, stabile Erträge zu erwirtschaften, womit sie die Rolle klassischer Staatsanleihefonds im Portfolio übernehmen könnten.

Auch Gold dürfte von der Gesamtentwicklung profitieren: Sowohl die steigenden Schulden als auch die auf Sicht weiter fallenden Realzinsen sollten das Edelmetall und andere Rohstoffe beflügeln. Die klassischen Kryptowährungen wie Bitcoin werden weiterhin erratische Bewegungen aufweisen, aber nach wie vor nicht als Goldsubstitut fungieren können.

Mit Blick auf die regionalen Allokationen empfiehlt es sich, die langjährige Dominanz der US-amerikanischen Märkte zu hinterfragen. Von einer sich dynamisch erholenden Weltkonjunktur sollten insbesondere europäische und Schwellenländeraktien profitieren. Für eine Allokation in Asien und Europa spricht auch, dass viele institutionelle Investoren aus den USA in der gegenwärtigen Krise eher einem Home-Bias unterlagen und daher in diesen Assets noch unterrepräsentiert sind. Die erwartete Schwäche des US-Dollars dürfte die Attraktivität von Assets aus Europa und Schwellenländern weiter erhöhen.   


Dies ist eine Kolumne von Lars Dollmann, Senior Portfolio Manager, ARAMEA Asset Management im aktuellen FINANCIAL PLANNING Magazin.