Marktüberblick
Die Angst vor einer Wirtschaftskrise durch das Coronavirus hat zu einem Rückgang der Staatsanleihenrenditen und einer Ausweitung der Kreditspreads geführt. Die fiskalpolitische Reaktion auf diese Krise ist positiv für die Kreditmärkte, vor allem in den USA, wo die Regierung ein 2 Billionen USD schweres Hilfspaket angekündigt hat.
Wir stehen am Beginn einer neuen Ära, in der der US-Dollar die gefragteste globale Währung sein wird. Wenn die Erholung einsetzt, wird sie unserer Ansicht nach eher schleppend verlaufen. Einen V-förmigen Aufschwung halten wir für unwahrscheinlich. „Sichere Hafen“-Anlagen stabilisieren sich, aber anhaltende Volatilität ist wahrscheinlich. Die Kursausschläge an den Anleihenmärkten sind unverändert hoch. Die Investoren haben die zu erwartenden wirtschaftlichen Verwerfungen durch die notwendigen staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus noch nicht komplett verarbeitet. In den vergangenen Wochen kam es zu einem undifferenzierten Ausverkauf, der vermeintlich sichere Staatsanleihen genauso in Mitleidenschaft gezogen hat wie Investment-Grade- und High-Yield-Anleihen. Einen bedeutenden Anteil an diesem Ausverkauf hatten Zwangsverkäufe von Investoren, die ihre liquidesten Vermögenswerte verkaufen mussten, um sich die notwendige Liquidität zu sichern. Dadurch standen US-Staatsanleihen (Treasuries) in der vergangenen Woche massiv unter Druck. Eine komplett unerwartete Entwicklung war dies allerdings nicht – ähnliche Kursbewegungen gab es auch schon während der globalen Finanzkrise. Damals erwiesen sich die Kursverluste von Staatsanleihen nachträglich als lediglich vorübergehendes Phänomen. Als das Chaos im Handel nachließ, besannen sich die Investoren auch wieder auf die Fundamentaldaten und die Treasury-Renditen gingen wieder zurück.
Diese Dynamik ist auch jetzt wieder zu beobachten: Nach der „Liquidierungsphase“ gibt es am US-Staatsanleihenmarkt aktuell bereits wieder Hinweise auf eine Stabilisierung. Wir erwarten, dass es bei „Sichere Hafen“-Anlagen wie Staatsanleihen schon bald wieder zu einer Stabilisierung kommen wird und diese sich im Trend wieder überdurchschnittlich entwickeln werden. Investoren sollten sich aber auch auf eine anhaltende Volatilität einstellen. Was die Unternehmensanleihenmärkte angeht, werden viele Unternehmen die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus sehr negativ zu spüren bekommen, und das Risiko von Herabstufungen wird zunehmen, wenn mehr Unternehmen von der sich ausweitenden Konjunkturabschwächung betroffen sind. Deshalb sind Unternehmensanleihen zuletzt genauso stark abverkauft worden wie Aktien.
Gigantische geld- und fiskalpolitische Hilfsprogramme machen Mut. In den letzten sieben Tagen haben Regierungen und Notenbanken in aller Welt umfangreiche Maßnahmen zur Stärkung der Wirtschaft und Märkte angekündigt. Die Bank of England hat die Leitzinsen von 0,25 auf 0,1 Prozent gesenkt. Die Reserve Bank of Australia hat die Zinsen von 0,5 auf 0,25 Prozent herabgesetzt und sowohl quantitative Lockerungsmaßnahmen als auch eine
aktive Steuerung der Zinsstrukturkurve angekündigt. Die Europäische Zentralbank wiederum hat neue Anleihenkäufe im Gesamtvolumen von 750 Milliarden EUR in Aussicht gestellt. Die größte Nachricht war aber das Konjunkturpaket der US-Regierung mit einem Volumen von 2 Billionen USD. Parallel dazu hat die Fed angekündigt, unbegrenzt US-Staatsanleihen anzukaufen, und einen finanziellen Rahmen von 300 Milliarden USD für den Ankauf von Investment-Grade-Unternehmensanleihen und forderungsbesicherten Wertpapieren bereitgestellt. Damit wird die Fed erstmals überhaupt Unternehmensanleihen ankaufen, um den Kreditmarkt zu stützen. Dieser Schritt war unerwartet und wurde an den Märkten sehr positiv aufgenommen.
Im Vergleich zur globalen Finanzkrise unterscheidet sich die Antwort der Politik auf diese Krise vor allem dadurch, dass neben Liquiditätsinjektionen der Notenbanken weltweit auch zunehmend groß angelegte fiskalpolitische Maßnahmen bekanntgegeben werden. Insgesamt werden enorme Mengen an Liquidität in die Weltwirtschaft gepumpt. Die Notenbanken signalisieren, dass sie sich um einen möglichen Anstieg der Staatsanleihenrenditen sorgen.
Auch ist es ermutigend zu sehen, dass die Regierungen und Zentralbanken die Lehren aus dem Jahr 2008 gezogen haben und tun, was auch immer nötig ist, um die Funktionsfähigkeit des Bankensystems sicherzustellen. Das alles ist letztlich gut für Staats- und Unternehmensanleihen, obwohl nochmals darauf hingewiesen werden sollte, dass an diesen Märkten weiter mit einer hohen Volatilität gerechnet werden muss. Daher ist auch durchaus möglich, dass die Fed auch Aktien ankaufen wird – -etwas, was die Bank of Japan schon länger macht. Wir vertreten seit langem die Ansicht, dass die entwickelten Märkte letztlich die gleiche Entwicklung nehmen werden wie Japan.
Gefragter denn je ist jetzt der US-Dollar. An den Devisenmärkten hat es dramatische Bewegungen gegeben, wobei vor allem der Dollar stark aufgewertet und alle anderen bedeutenden Währungen überflügelt hat. Wir sehen die Welt am Beginn einer Phase einer hohen USD-Nachfrage, was auch an der Dollar-Knappheit in Offshore-Märkten liegt. Das dürfte eine erhebliche Belastung für die Weltwirtschaft darstellen und vor allem die Emerging Markets treffen, deren auf US-Dollar lautende Schulden auf insgesamt rund 12 Billionen USD geschätzt werden – aber auch den Mittleren Osten, wo die Auswirkungen des Ölpreisverfalls durch die Dollar-Stärke noch verschärft werden. An diesem kritischen Punkt für die Weltwirtschaft fließen einfach nicht genug US-Dollar in andere Märkte.
Wie ist unsere flexible Anleihenstrategie positioniert? Die Strategie ist mit einer sehr defensiven Ausrichtung ins Jahr 2020 gestartet, da wir uns bereits zum Jahreswechsel Sorgen über die fragile Verfassung der Weltwirtschaft machten. Dadurch haben wir die jüngste, sehr volatile Phase relativ gut überstanden. Unsere Strategie liegt zwar in der Betrachtung seit Jahresanfang ebenfalls im Minus, hat sich aber besser geschlagen als der Durchschnitt ihrer Peergroup. Belastet wurde die Fondsperformance insbesondere durch das Engagement in Hochzinsanleihen (vor allem aus dem Energiesektor), wobei unsere Absicherungen über Credit Default Swaps (CDS) und eine Short-Position im omanischen Rial die Verluste etwas abfedern konnten.
Wir gehen davon aus, dass die Zinsen noch sehr viel länger auf ihrem niedrigen Niveau verharren werden – in den USA also noch länger bei null liegen werden. Allerdings haben wir auch das Risiko eines mittelfristigen „Bear Steepening“ im Blick – das Risiko, dass die langfristigen Zinsen schneller steigen als die kurzfristigen Zinsen und die Zinsstrukturkurve dadurch steiler wird. An den Kreditmärkten ist eine vorsichtige Haltung sicher von Vorteil. Trotz der geld- und fiskalpolitischen Unterstützungsmaßnahmen hat das Ausfallrisiko vieler Unternehmen deutlich zugenommen, da viele das Warten auf staatliche Nothilfe nicht überleben könnten. Viele stark verschuldete Unternehmen haben es jetzt ganz einfach mit einem erheblich wachstumsschwächeren Umfeld zu tun. Daher meiden wir sehr konjunkturabhängige Sektoren wie Fluggesellschaften, Automobilhersteller und die Freizeitbranche, bei denen das Risiko aktuell stark erhöht ist und die Perspektiven sehr unklar sind.
Wir erwarten, dass der US-Dollar weiter aufwerten wird, und haben diese Einschätzung in unserem Portfolio auf unterschiedliche Weise abgebildet. Wir achten sehr genau auf Hinweise darauf, dass der Markt die negativen Folgen des Coronavirus maximal eingepreist hat. Dazu werden die Infektionsraten in Europa und den USA vermutlich erst ihren Höhepunkt erreichen müssen. Und davon scheinen wir aktuell noch relativ weit entfernt zu sein. In China zum Beispiel wurde der Höhepunkt der Infektionen erst nach ungefähr einem Monat erreicht – und das bei deutlich strengeren Lockdown-Maßnahmen, als sie in den westlichen Staaten zu erwarten sind. Positiv zu vermerken ist, dass die chinesische Wirtschaft als wichtigster globaler Wachstumsmotor gerade wieder anläuft. Allerdings rechnen wir mit einer lediglich schleppenden Erholung und nicht mit einem V-förmigen Aufschwung. Vor diesem Hintergrund behalten wir die Entwicklungen in diesen turbulenten Märkten weiter genau im Blick. Trotz unserer vorsichtigen Haltung betrachten wir diese Krise aber letztlich auch als Chance, künftig gute Anlageergebnisse für unsere Kunden zu erzielen, indem wir jetzt in Titel finanziell gut aufgestellter Emittenten investieren, die aktuell fehlbepreist sind. Bislang haben wir unsere Zukäufe auf Senior Secured Notes und Titel mit sehr kurzen Laufzeiten, aber attraktiven Renditen, von Unternehmen mit einem unserer Ansicht nach vertretbaren Schuldenprofil beschränkt.
ARIEL BEZALEL, Head of Strategy -(Fixed Income), Fondsmanager, Jupiter Asset -Management