Digitale Stützen in der Krise
Der Technologiesektor ist eines der wichtigsten Zugpferde der Weltwirtschaft. Das ändert auch die Coronapandemie nicht – im Gegenteil: In und nach der Krise werden neue digitale Lösungen verstärkt nachgefragt.
Der IT-Sektor von heute ist – anders als derjenige früherer Zeiten – geprägt von soliden Bilanzen und starken Cashflows. IT umfasst dabei sämtliche Sektoren der Informations-, Kommunikations- und Datenverarbeitung. Global betrachtet profitieren die IT-Unternehmen von starken Gewinnwachstumsraten. Diese sind größtenteils der voranschreitenden Digitalisierung zu verdanken: Technologie ist heute in allen Branchen zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor geworden. Wer nicht mitzieht, bleibt im Wettbewerb schnell auf der Strecke. Unternehmen weltweit haben erkannt, wie wertvoll ihre Daten sind. Folglich erhöhen sich global die Investitionen in Softwarelösungen, Big Data, künstliche Intelligenz (KI) und Cloud-Computing.
Die Krise als Beschleuniger für Cloud–Lösungen
Die aktuelle Krise sorgt hier für Tempo: Effizienzsteigerungen und Kostensenkungen gewinnen immer mehr an Bedeutung, und Unternehmen investieren zunehmend in Digitalisierungsmaßnahmen. Die Höhe der Investitionen schwankt allerdings je nach Branche stark. Die größte Bedeutung wird momentan den Investitionen in Cloud-Kapazitäten beigemessen. Bereits in den vergangenen Jahren ist die Nutzung von Cloud-Diensten stark gestiegen, mehr als 70 Prozent aller IT-Services werden inzwischen über eine Cloud bereitgestellt. In Zeiten von Homeoffice, Homeschooling & Co. dürfte sich der Trend in den vergangenen Wochen nochmals verstärkt haben, denn Cloud-Lösungen bieten den Vorteil, dass Kapazitäten nicht lokal bereitgestellt werden müssen und je nach Bedarf einfach angepasst werden können. Während die Unternehmen die Clouds größtenteils selbst betreiben, greifen sie für die den Clouds zugrunde liegenden Datenplattformen fast ausschließlich auf externe Anbieter zurück. Zu den aktuellen Größen in diesem Bereich zählen Amazon, Microsoft, Alphabet und Alibaba. Die geschätzte weltweite Cloud-Durchdringung liegt derzeit erst zwischen 10 und 20 Prozent. Daran erkennt man das Wachstumspotenzial des Marktes.
Softwareunternehmen mit Subskriptionsmodellen gut aufgestellt
Eine der großen Veränderungen der letzten Jahre war die Umstellung auf das Subskriptionsmodell. Hierbei handelt es sich um ein (digitales) Geschäftsmodell, bei dessen Basisform der Anbieter eine definierte Leistung verkauft und der Kunde für deren Nutzung regelmäßig zahlt. Diese Vorgehensweise ist seit Langem verbreitet: Zeitungsabonnements und Vereinsmitgliedschaften sind typische Formen von Subskriptionsmodellen. In der Digitalwirtschaft ist das Modell dagegen relativ neu. In großem Stil kam es bei „Software as a Service“ (SaaS) auf. Anders als im traditionellen Softwarevertrieb, bei dem eine Lizenz individuell gekauft und lokal installiert wird, nutzen Unternehmen oder Privatpersonen beim Subskriptionsmodell eine Anwendung unter anderem mit einem Browser über das Internet und zahlen für die Nutzung, nicht für das Programm selbst. Updates und Wartung der Software entfallen.
Gezahlt wird üblicherweise eine monatliche Gebühr pro Anwender, oft ergänzt um eine Zusatzgebühr oberhalb eines genutzten Datenvolumens. Die Vorzüge dieses Geschäftsmodells sind wiederkehrende Einnahmen, ein stabiler Cashflow und dauerhafte Kundenbindung – man könnte auch von einer gewissen Abhängigkeit sprechen. Einige Softwareunternehmen können über 90 Prozent ihrer Umsätze als wiederkehrend verbuchen. Das ist für Investoren gerade in Zeiten interessant, in denen die konjunkturelle Lage ungewiss ist.
Künstliche Intelligenz: Grundstein für Technikstandards von morgen
Der Begriff KI bezeichnet Technologien, die in der Lage sind, selbstständig zu lernen sowie Fehler zu erkennen und zu korrigieren. Damit ist KI zukunftsweisend für viele Sektoren, unter anderem in den Bereichen kognitive Assistenten, Robotik, smarte Geräte, automatisierte Analysen, Bildverarbeitung und medizinische Diagnose. Aktuell ist KI allerdings noch ein „Nischenthema“, auf das sich nur wenige Unternehmen konzentrieren.
Die meisten Menschen verbinden KI hauptsächlich mit autonomem Fahren oder Spracherkennungssystemen. Doch KI ist weit mehr: Sie legt den Grundstein für die Standards der Technik von morgen. Vor allem in den USA und China wurde auf diesem Gebiet in den letzten Jahren stark investiert: Die Ausgaben für intelligente Technologien sind von 10 auf 14 Prozent des gesamten IT-Budgets gestiegen. Diese Investitionen haben auch zu zahlreichen Patentanmeldungen geführt. IBM ist hier Spitzenreiter mit 8.920 Patenten, gefolgt von Microsoft mit 5.930 und verschiedenen asiatischen Technologieunternehmen, darunter Alibaba und Baidu. Die USA und China haben einen Wettbewerbsvorteil durch relativ lockere Datenschutzbestimmungen, sodass Unternehmen dort auf große Datensätze zugreifen können, ohne die Forschung und Entwicklung im Bereich KI nicht möglich wären.
Branchenübergreifend: steigende Investitionen in Digitalisierung
Die weltweiten Ausgaben für IT werden in diesem Jahr dem Forschungsinstitut Gartner zufolge voraussichtlich 3,9 Billionen USD betragen. Dies entspricht einer Steigerung von 3,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für 2021 werden die weltweiten IT-Ausgaben auf über 4 Billionen USD geschätzt. Zwar zeigen sich von Branche zu Branche deutliche Unterschiede hinsichtlich der Beträge, die investiert werden, doch ist allgemein zu erkennen, dass Effizienzsteigerungen wie auch Kostensenkungen als Triebfeder hinter den Digitalisierungsmaßnahmen stehen.
Die Einstellung entsprechend qualifizierter Mitarbeiter, der Ausbau von Cloud-Kapazitäten, die Verbesserung softwaregesteuerter Datenanalysen und der Einsatz intelligenter Technologien gehören zu den wichtigsten Maßnahmen, da es gilt, die Digitalisierung erfolgreich zu gestalten. Dabei genießen die Cloud-Kapazitäten – wie bereits erwähnt – die oberste Priorität.
Der europäische Markt wächst im Bereich der Digitalisierung seit Jahren konstant. Im weltweiten Vergleich sind die USA und auch China mit deutlich höheren Wachstumsraten und einer höheren Basis allerdings weit voraus. Ob die europäische Wirtschaft in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben kann, hängt maßgeblich von der Digitalisierung ab. Nach Angaben von Gartner wird der weltweite Markt für Public-Cloud-Services von 214,3 Milliarden USD im Jahr 2019 auf 249,8 Milliarden USD im Jahr 2020 ansteigen. Darin ist SaaS weiterhin das größte Marktsegment – mit einer voraussichtlichen Größe von 110,5 Milliarden USD.
Gute Investitionsmöglichkeiten für Anleger
Generell gilt: Technologieunternehmen bieten Anlegern gute Investitionschancen. Die Branche vereint als eine von wenigen größtenteils solide Bilanzen mit hohen Wachstumsraten, was die erhöhten Bewertungen rechtfertigt.
Vor allem der Bereich Software ist spannend. Hier konzentriert sich ein hohes, skalierbares Wachstum, das sich aus tendenziell zunehmenden Digitalisierungsinvestitionen ergibt. Ihren Anlegern bieten Softwareunternehmen auch in unsicheren Zeiten stetige Cashflows, getrieben durch Subskriptionsmodelle und somit wiederkehrende Umsätze. Aufgrund ihrer geringeren Verschuldung und der meist stetigen Umsätze haben Softwareunternehmen einen defensiveren Charakter und sind gerade in Krisenzeiten im Vergleich zu zyklischen Branchen weniger anfällig. Der strukturelle Trend der Digitalisierung wird sich durch die Krise noch weiter beschleunigen, und dadurch werden Softwareunternehmen auch langfristig höhere Wachstumsraten vorweisen können.
DJE – Mittelstand & Innovation
Der Mittelstand erfindet sich ständig neu und ist der Innovations-, Technologie- und Wirtschaftsmotor, vor allem in Deutschland, aber auch in der Schweiz und in Österreich (DACH). Im Rahmen unseres Fondskonzepts DJE – Mittelstand & Innovation (ISIN: LU1227570055) müssen die Firmen verschiedene Kriterien erfüllen: Gemessen an ihrem Marktanteil zählen sie zu den Top drei auf dem Weltmarkt oder sind die Nummer eins im Heimatmarkt, und sie sind kaum bekannt. Sie überzeugen seit Jahren zudem mit großer Innovationskraft, starken Wachstumsraten und hohen Marktanteilen in strukturell wachsenden (Nischen-)Märkten. Die Innovationskraft bemisst sich unter anderem am Marktanteil innerhalb des Sektors, an Patentrechten und an Investitionen in Forschung und Entwicklung. Wir sind überzeugt, dass Unternehmen aus der Region DACH, die langfristig strukturell wachstumsstark sind, den Gesamtmarkt schlagen können. Wir wählen rund 90 Werte für das Fondsportfolio aus und achten unter anderem auf ein hohes Wachstum, den freien Cashflow, die Managementqualität, die Preissetzungsmacht, Markteintrittsbarrieren und die Liquidität. Unternehmensbesuche spielen ebenfalls eine wichtige Rolle, da für kleinere Firmen oft weniger Researchmaterial zur Verfügung steht. Die Besuche dienen dazu, die Chancen und Risiken detailliert mit der Unternehmensführung zu analysieren und einen tiefen Einblick in das Geschäftsmodell zu erlangen.
RENÉ KERKHOFF, Analyst für die Sektoren Technologie, Automotive und Retail, Fondsmanager des DJE – Mittelstand & Innovation, DJE Kapital AG