Finanzstimmen

„Finance For Future“: Investieren für eine bessere Welt

Eine Fülle akademischer Literatur belegt mittlerweile, dass es durchaus vorteilhaft für die Kapitalanlage ist, auf Nachhaltigkeitskriterien zu setzen. Diese werden üblicherweise anhand sogenannter ESG-Kriterien gemessen, was für Environment, Social und Governance steht.

Gute ESG-Ratings helfen, die Refinanzierungskosten zu senken

Mit einem einzigartigen Mediendatensatz, der vom Medienanalyseunternehmen Media Tenor aufbereitet wurde, ist es mir mit Blick auf die Medienberichterstattung gelungen, zu zeigen, dass gute ESG-Ratings helfen, die Refinanzierungskosten zu senken beziehungsweise Portfolios gegenüber schlechten Unternehmensnachrichten robuster aufzustellen.

Für die Analysen wurden Printmeldungen ab einem Umfang von fünf Zeilen und Fernsehbeiträge ab einer Länge von fünf Sekunden zu jenen Firmen erfasst, die von 2006 bis Ende 2016 im S&P 500 oder im STOXX 600 gelistet waren. Für den Betrachtungszeitraum wurden insgesamt knapp 262.000 Firmennachrichten aufbereitet. Knapp die Hälfte davon enthielten ESG-relevante Aspekte.

Um die Auswirkung von ESG-Nachrichten auf die Finanzierungskosten von Fremdkapital zu überprüfen, werden die unabhängigen Variablen auf die CDS-Spreads als Proxy für die Refinanzierungskosten regressiert. Das Ergebnis: Gemessen an den Faktoren, impliziert eine positive ESG-Meldung einen Rückgang der CDS-Spreads von durchschnittlich 5,2 Prozent – und das auf Monatsbasis.

Hinsichtlich des Zusammenspiels von ESG-relevanten Nachrichten und den Aktienkursen wird im nächsten Schritt als Arbeitshypothese unterstellt, dass bessere ESG-Ratings zu einem versicherungsähnlichen Effekt bei schlechten Nachrichten führen. Um dies zu überprüfen, wird aus den genannten Mediendaten ein Medientonalitätsindex (MTI) für die Firmen konstruiert. Dann werden Portfolios konstruiert, die nach MTI und ESG-Rating des gleichen Monats sortiert sind.

Die Unternehmen mit dem schlechtesten MTI beziehungsweise ESG-Rating kommen jeweils in Portfolio 1 (das unterste Quartil), die oberen 25 Prozent in Portfolio 4. Unter Einbeziehung der Fama-French-Carhart-Faktoren werden nun Zero Investment Portfolios (ZIP) gebildet, anhand derer überprüft wird, ob sich durch den Verkauf aus dem einen Portfolio im niedrigeren Quartil und der Investition in das Portfolio im höheren Quartil eine Überschussrendite („excess return“) ergibt.

Tatsächlich zeigt sich, dass ein Portfolio aus Firmen mit hohen ESG-Ratings deutlich weniger negativ auf schlechte Unternehmensnachrichten reagiert als eines mit niedrigen Ratings.

Für ZIPs ergibt sich in diesem Fall eine Outperformance von 1,698 Prozent. Wie die Überrenditen der Portfolios mit einem MTI aus dem untersten Quartil zeigen, scheinen die Märkte die ESG-Ratings auch sehr differenziert wahrzunehmen: Je besser das Rating, desto weniger negativ schneiden die Firmen bei einem Strom schlechter Nachrichten ab. Dieses Verhalten dreht sich bei den Unternehmen mit den besten MTIs geradezu herum. Hier gilt die Regel: Je besser das ESG-Rating, desto weniger können die Firmen von guten Nachrichten profitieren.

Während ein gutes ESG-Rating einen versicherungsähnlichen Effekt bei schlechten Nachrichten zeigt, können bei positiven Meldungen nur geringere Performancezugewinne vereinnahmt werden. Die Investoren scheinen das aufgrund guter Ratings geringere Risiko bereits in den Kursen vorwegzunehmen.

Das Zusammenspiel von Medien und Märkten zeigt: ESG-Elemente als Bestandteil der Allokationsentscheidung ermöglichen ein „Finance For Future“, wodurch die Rendite nicht verschlechtert, sondern verbessert wird. Fremdfinanzierungskosten können sinken. Bei Aktien zeigt sich, dass Firmen mit guten ESG-Ratings weniger stark auf negative Meldungen reagieren. Die daraus abzuleitende Anlegerempfehlung lautet: ESG-Kriterien sollten in die Kapitalanlage integriert werden.


Dies ist eine Finanzstimme von Dr. Hans-Jörg Naumer, Volkswirt, Director Global Capital Markets & Thematic Research, Allianz Global Investors