Investmentlösungen

Renditestark trotz Krise: Investments in Bestandswohnimmobilien

Unruhige Börsen, sich verdüsternde Anleihenmärkte, Kryptowährungen im Überlebenskampf – selten hatten es Kapitalanleger so schwer, richtige Investmententscheidungen zu treffen. Und im Kontext des Ukrainekriegs, der damit verbundenen Inflation, des Zinsschocks, der Rohstoffknappheit und immer wieder aufkommender Lieferengpässe gerät selbst der sichere Dampfer Immobilienmarkt immer stärker in unruhige Gewässer. Doch gerade jetzt spielt ein Segment der Nutzungsklasse Wohnimmobilien seine Stärke richtig aus: Bestandsbauten. Warum dies so ist, das sei im Folgenden erläutert.


Wer sich 2022 mit Anlageexperten und Kollegen unterhält, wird selten eine so einhellige Zustandsbeschreibung des aktuellen Investmentmarkts festgestellt haben: kompliziert, unsicher, herausfordernd. Und tatsächlich waren die Rahmenbedingungen für das Unterfangen, Kapital nicht nur sicher, sondern auch renditestark zu investieren, lange nicht so herausfordernd wie heutzutage. Die immer noch andauernde Pandemie, der Ukrainekrieg, die Energiepreisexplosion und sogar Nahrungsmittelengpässe, gepaart mit der höchsten Inflation seit Jahrzehnten, schlagen direkt auf die Investmentmärkte durch und machen Anlageentscheidungen knifflig. Der Börsenmarkt: zu volatil. Kryptowährungen: zu unsicher. Und Kapital aus Unsicherheit zu parken und abzuwarten, war angesichts der inflationsbedingten Geldentwertung selten eine ungünstigere Option als heute. Bleibt der Immobilienmarkt, doch auch hier haben sich die Vorzeichen in den vergangenen Monaten deutlich eingetrübt. So ist beispielsweise die Nachfrage nach Büroimmobilien – auch durch Corona bedingt – zuletzt stark eingebrochen. Hinzu kommt, dass der Spielraum von Entwicklern, neue Projekte auf den Markt zu bringen, auch durch Rohstoffknappheit und Lieferengpässe immer kleiner wird. Auch die Nachfrage nach privat genutzten Eigentumswohnungen hat an den relevanten Märkten zuletzt stark abgenommen, vor allem dort, wo bereits seit Jahren – wenngleich unberechtigterweise – von Blasenbildung die Rede war. Der Nachfragerückgang ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass der unerwartete Anstieg der Bauzinsen die Situation seit Jahresbeginn weiter verschärft hat, wobei die Anhebung des Leitzinses durch die EZB da noch nicht einmal vollzogen und damit auch noch nicht  „eingepreist“ war.

Kurzum: Die Gesamtlage ist kein Zuckerschlecken. Aber bekanntlich birgt jede Krise auch Chancen. In der gegenwärtigen Lage gibt es ein Anlageprodukt, das seine traditionellen Stärken als Altersvorsorge oder passives Einkommen mehr denn je ausspielen kann: Wohnimmobilien, im Speziellen Bestandsobjekte. Und zwar völlig unabhängig davon, ob es sich um ein Investment in einer einzelnen Wohneinheit handelt oder um eines in einer gesamten Wohnanlage mit vielleicht 200 Einheiten.

Anlageprodukt ohne Alternativen

Bereits in Nichtkrisenzeiten weisen nicht selbst genutzte Bestandsimmobilien zahllose Vorteile auf: annähernde Inflationssicherheit, keine Bau- und Fertigstellungsverzögerungen, gute Rendite- und Wertsteigerungsperspektiven, teils unwiederbringliche Einzellagen ohne Nachverdichtungs-möglichkeiten, in der Regel bereits laufende Mieteinnahmen und damit unmittelbarer Cashflow. Vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklungen und der damit verbundenen Rahmenbedingungen wiegen viele dieser Vorteile sogar noch mehr und machen das Anlageprodukt Bestandswohnimmobilien zu einem Investment ohne Alternative.

Bestand stärker als Neubau

Warum? Hier ist zunächst die einfache Regel von Markt und Nachfrage anzuführen. Deutschland braucht Wohnraum und hat diesbezüglich in den vergangenen Jahren ehrgeizige Ziele ausgerufen. 400.000 neue Einheiten im Jahr waren angestrebt. Doch der Wohnungsbauexpress ist in Deutschland mächtig ins Stocken geraten. Laut Statistischem Bundesamt wurden 2021 zwar 380.000 Bauanträge genehmigt, womit teilweise eine vermeintliche Zielerreichungsquote von 95 Prozent proklamiert wurde, doch fertiggestellt wurden gerade einmal 293.000 Einheiten – und damit noch einmal fast 5 Prozent weniger als 2020. Gründe hierfür waren die Langsamkeit der Genehmigungsverfahren und der Fachkräftemangel in der Baubranche. Und 2022 hat sich die Situation – vor allem infolge des Ukrainekriegs – noch einmal verschärft. Inflationsbedingt steigende Rohstoffpreise, explodierende Energiekosten, nicht funktionierende Lieferketten und hohe coronabedingte Krankenstände treffen auf hohe Grundstückspreise, die eine Zeit- und Kostenkalkulation im Neubau momentan zu einer Herkulesaufgabe machen.

Kein Wunder, dass die neu erteilten Baugenehmigungen im ersten Quartal 2022 im Vorjahresvergleich wieder um 3,6 Prozent zurückgegangen sind. Mit einem aktuellen Überhang von 850.000 genehmigten, aber noch nicht fertiggestellten Wohnungen beklagen wir derzeit übrigens den größten „Stau“ seit 1996. Wenn man jetzt noch den zusätzlichen Druck auf den Wohnungsmarkt betrachtet, der sich daraus ergibt, dass aus der Ukraine flüchtende Menschen hier Schutz und ein Dach über dem Kopf suchen, wird klar, wie gefragt Wohnimmobilien im Bestand sind und wie attraktiv das Produkt tatsächlich ist.

Zuletzt sind die Angebotspreise für Wohneigentum bundesweit von 3.400 auf 3.600 EUR je Quadratmeter gestiegen, und damit noch einmal um rund 6 Prozent. Und vor dem Hintergrund des verknappten Angebots ist jetzt auch mittelfristig wieder mit steigenden statt wie zuletzt stagnierenden Mieten zu rechnen, vor allem beim „bezahlbaren“ Wohnraum, für den der Bestand prädestiniert ist. Der Zentrale Immobilienausschuss (ZIA) bestätigt diese Einschätzung und spricht von einem moderaten Anstieg der Miet- und einem starken Anstieg der Kaufpreise.

Zinsschock nur von kurzer Dauer

Wer jetzt die seit Jahresbeginn um derzeit rund 2 Prozentpunkte gestiegenen Bau- beziehungsweise Hypothekenzinsen als Gegenargument nennt und damit die ungünstigeren Finanzierungskonditionen, liegt natürlich nicht generell falsch. Tatsächlich haben auch wir anfänglich eine Kaufzurückhaltung registriert, einen „Zinsschock“, der aber allenfalls von kurzer Dauer war, ähnlich wie zu Beginn der Pandemie. Vor allem betraf er aber in erster Linie die Anlegerklientel, für die Zinsen jenseits von einem Prozent bislang unvorstellbar waren – schlicht, weil sie Zeiten mit 5, 6 oder sogar 8 und 9 Prozent nicht mehr kennt. Professionelle Anleger betrachten die Stellschraube „Zinsen“ hingegen eher als Schlüssel für andere Wertschöpfungspotenziale und Veränderungen am Markt, die sich wiederum gewinnbringend nutzen lassen.

Im Fall der aktuellen Zinssituation ist der Immobilienerwerb mit Fremdkapital nicht mehr so günstig, wie er es über fast eine Dekade war, aber immer noch absolut erschwinglich. Dies gilt insbesondere, wenn man sich auf potenzialreichen Märkten jenseits der A-Standorte bewegt. Zu bedenken ist hier, dass sich die Zinsen steuerlich geltend machen lassen. Zudem ermöglicht der sogenannte Leverage-Effekt, die Eigenkapitalrendite enorm zu steigern – ein Effekt, der umso stärker wirkt, je höher der Fremdkapitalanteil ist. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass der Zugang zu 100-Prozent-Finanzierungen auf dem Wohnimmobilienmarkt auch hierzulande gesetzlich immer stärker reglementiert wird, wie dies beispielsweise in Österreich bereits der Fall ist. Hier könnte Deutschland gegebenenfalls nachziehen. Die Banken vollziehen das „bislang ungeschriebene Gesetz“ zum Teil schon mit restriktiveren Kreditvergaben.

Gefüllte Fördertöpfe für Bestandssanierungen

Ein weiterer Vorteil von Investments in Wohnimmobilien im Bestand ist das enorme Förderpotenzial, das bei KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) und BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) für diesen Zweck vorgesehen ist – und zwar ganz anders als beim Neubau. Denn hier hatte die Bundesregierung Anfang des Jahres für viele völlig unvermittelt den Förderstopp für energieeffizientes Bauen verkündet. Nach dem großen Aufschrei in Politik und Gesellschaft setzte zwar ein Umdenken bei den politischen Entscheidungsträgern ein, doch nachdem ein mit 1 Milliarde EUR ausgestatteter Fördertopf für Effizienzhaus-40-Objekte nach gerade einmal 24 Stunden ausgeschöpft war, werden jetzt nur noch Neubauten mit kostspieligen Nachhaltigkeitszertifizierungen gefördert. Im Bestand hingegen sieht der Staat Fördermöglichkeiten vor, weil er erkannt hat, wie wichtig auch die energetische Bestandssanierung zur Erreichung der Klimaziele ist. Gefördert werden unter anderem der Umstieg auf regenerative Energieträger, moderne, energiesparende Heizungen und der Erwerb modernisierter Häuser und Wohnungen oder die Sanierung selbst.

Gute Voraussetzungen für nicht selbst genutztes Wohneigentum

Hinzu kommt, dass Mietwohnungen in Deutschland so stark nachgefragt sind wie in keinem anderen Land Europas. Über die Hälfte der Immobilien in der Bundesrepublik wird laut einer Deloitte-Studie aus dem Jahr 2019 zur Miete bewohnt; im Ausland liegt die Quote selten über 25 Prozent. Die Eigentumsquote ist entsprechend niedrig, und das, obwohl die Bundesrepublik mit einem Bruttoinlandsprodukt von über 3,3 Billionen EUR die größte Volkswirtschaft Europas ist. Das heißt, dem raren Gut Wohnraum steht eine hohe Nachfrage einer großen Gruppe an Mietern gegenüber.

Schwarmstädte besonders attraktiv

Während die Lage in den A-Städten extrem angespannt ist und die Ankaufspreise von Wohnanlagen beziehungsweise ganzen Portfolios nach wie vor sehr hoch sind, sieht die Lage in B- sowie C- und in Universitäts- und Schwarmstädten oder auch -kommunen durchaus anders aus. Hier ist es weit weniger schwer, lohnende Investments zu platzieren, da moderate Ankaufspreise im Bestand auf hohe Nachfrage und attraktive Entwicklungsmöglichkeiten treffen. Hinzu kommt, dass aufgrund der hohen Preise in den Metropolen und angesichts der neuen Arbeitswelt, die immer mehr auf Arbeitsortsflexibilität und Remotearbeit baut, das Umland wirtschaftsstarker Städte immer attraktiver wird. Hier sind nicht nur kurzfristige Wertsteigerungspotenziale vorhanden, die sich gezielt heben lassen.

Inflationssicheres Investment

Weitere Vorteile der Sachwertanlage Wohnimmobilie ist, dass sie im Vergleich zu zahlreichen anderen Investments nahezu inflationssicher ist. Erst im Sommer hatte die EU-Kommission für 2022 im Euroraum eine Teuerung von 7,6 Prozent vorausgesagt, für Deutschland sogar von 7,9 Prozent. Dies geht mit einer entschleunigt wachsenden Wirtschaftsleistung einher. Es sind Entwicklungen, mit denen wir uns in den nächsten Jahren verschiedenen Experten zufolge arrangieren müssen. Sind Mieten indexiert, so halten sie mit den Geldentwertungsraten Schritt und gestalten die Einnahmenseite inflationssicher.

Vorteil produktiver Sachwerte

Last, but not least spricht ein Punkt für die Geldanlage in Wohnimmobilien, besonders im Bestand, der sie von anderen Investments deutlich unterscheidet: der Einfluss, der sich auf die Entwicklung und die Wertschöpfung nehmen lässt. Ganz gleich, ob Aktien, Gold oder Bitcoins: Der Investor ist auf die Wertentwicklung am Markt angewiesen. Dies ist der Eigentümer von Wohnanlagen auch, doch er kann die „Performance“ des Produkts darüber hinaus aktiv beeinflussen, zum Beispiel durch gezielte Modernisierung und Sanierung, geschicktes Propertymanagement und andere Serviceleistungen, die dem Produkt einen Wettbewerbsvorteil am Markt verschaffen und so zu seiner nachhaltigen Wertsteigerung beitragen.

Gute Finanzierungskonditionen nutzen

Wie krisenfest Wohnimmobilien tatsächlich sind, zeigt sich, wenn man die Graphen der Aktienmärkte und des Immobilienmarkts miteinander vergleicht. Während einschneidende Ereignisse wie das Platzen der Dotcom-Blase 2000, die durch die Insolvenz der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers ausgelöste Finanzkrise 2008 oder der Ausbruch der Coronapandemie 2020 die Märkte sichtbar korrigiert haben, kennt der deutsche Immobilienmarkt seit Jahrzehnten nur einen Aufwärtstrend. Diese Entwicklung wird sich meiner Meinung nach in der aktuell herausfordernden Situation konsequent fortsetzen, auch wenn es in A-Städten sicherlich zu Seitwärtsbewegungen kommen wird. Nicht zuletzt deshalb ist die Anlage in Bestandswohnimmobilien derzeit anderen Investments vorzuziehen, unter anderem gestützt dadurch, dass die Finanzierungskonditionen nach wie vor vorteilhaft sind. Und außerdem: Gerade in Krisenzeiten ist und bleibt Wohnraum essenziel. Menschen müssen irgendwo wohnen, und das wird sich auch nie ändern.


Von Sebastian Engel, CSO der Alpha Real Estate Group