Kolumne

Globaler Aktienausblick: widerstandsfähige Börsen trotz Bankenturbulenzen

Eine Kolumne von Dev Chakrabarti, CIO Concentrated Global Equities, AllianceBernstein und
Gunnar Knierim, Managing Director, AllianceBernstein

Globale Aktien waren im ersten Quartal volatil, als die Turbulenzen im Bankensektor die Märkte erschütterten. Rasche Regulierungsmaßnahmen trugen zwar dazu bei, die Ansteckung einzudämmen, doch hat die Krise das Vertrauen der Anleger in ein fragiles Marktumfeld erschüttert und das Bewusstsein für Risiken geschärft. Zum Ende des Quartals jedoch erholten sich Technologie-, Kommunikations- und zyklische Konsumgüteraktien, und die Aktienmärkte stabilisierten sich.

Wie haben sich die Turbulenzen im Bankensektor im ersten Quartal auf die Aktienmärkte ausgewirkt?

Zu Beginn des Jahres 2023 sahen viele Anleger ein halbvolles Konjunkturglas. Vielleicht würden die Inflation und die Zinsen schneller sinken als erwartet, ohne dass die Weltwirtschaft in eine Rezession abrutscht – ein Szenario, das die 2022 schwer angeschlagenen Aktien wiederbeleben könnte. Doch im März vermittelten die Zusammenbrüche der Silicon Valley Bank (SVB) und der Signature Bank, gefolgt von der Notrettung der Credit Suisse, Unternehmen und Anlegern eine klare Botschaft: Der dramatische Zinserhöhungszyklus der US-Notenbank (Fed) wirkte sich auf die Bilanzen aus und drohte Unternehmen und Aktien unter Druck zu setzen, sodass erhöhte Wachsamkeit geboten war. Finanzwerte waren angesichts der Turbulenzen im Bankensektor schwach, während Energieaktien aufgrund fallender Ölpreise nachgaben. Technologie-, Kommunikations- und Verbrauchsgüteraktien erholten sich jedoch. Wachstumswerte schnitten besser ab als Substanzwerte, was eine Umkehrung der Wertentwicklung des letzten Jahres bedeutet.

Wirft die Instabilität im Bankensektor neue Fragen für die Anleger auf?

Obwohl neue Herausforderungen durch steigende Zinsen zu erwarten waren, war das Tempo der Bankenturbulenzen erschütternd. Am 10. März erlag die SVB einem Ansturm auf ihre Schalter, nachdem der Wert ihres großen Bestands an Staatsanleihen aufgrund höherer Zinsen geschrumpft war. Die Panik griff auf die Signature Bank über, einen auf Kryptowährungsunternehmen spezialisierten Kreditgeber, der zwei Tage später zusammenbrach. Die Vertrauenskrise griff auf Europa über, als die Kunden der Credit Suisse begannen, ihre Einlagen abzuziehen, nachdem ihr führender Anleger bestätigt hatte, dass keine weitere Kapitalunterstützung zu erwarten sei, was die Schweizer Aufsichtsbehörden dazu veranlasste, am 19. März eine Übernahme durch die UBS zu gestatten. Eine der wichtigsten Lehren des vergangenen Monats ist, dass im Internetzeitalter ein Bankansturm extrem schnell erfolgen kann, wie der sprunghafte Anstieg des Internetverkehrs bei der SVB zeigte, als die Abhebungen in die Höhe schnellten.

Zum Quartalsende scheint eine Kernschmelze des Finanzsystems vorerst abgewendet worden zu sein – durch rasche regulatorische Maßnahmen einschließlich impliziter Einlagensicherungen und Wertpapierleihprogramme der Banken, mit denen eine angemessene Liquidität sichergestellt werden soll. Die Fed blieb mit einer Anhebung der Zinsen um 25 Basispunkte auf ihrer Märzsitzung moderat und rechnete mit einer Verschärfung der Kreditbedingungen, bekräftigte aber, dass das Bankensystem weiterhin „solide und widerstandsfähig ist und über eine starke Kapital- und Liquiditätsausstattung verfügt“. Die Aktienmärkte stabilisierten sich.

Wie wirkte sich das auf die anderen Sektoren aus?

Die Turbulenzen im Bankensektor, die Besorgnis ob einer möglichen Kreditklemme und die Ungewissheit bezüglich der Ausrichtung der Zentralbankpolitik schürten Rezessionsängste – vor allem in den USA – und ließen die Aktien auf breiter Front fallen. Nach einem schwierigen Quartal hatten die Aktien jedoch bis Ende März einige Verluste wieder aufgeholt, da die Zuversicht wuchs, dass eine weitere Ansteckung des Bankensystems abgewendet worden war. Ende März 2023 schlossen die globalen Aktien, gemessen am Index MSCI World, mit einem Plus von 3,09 Prozent; im bisherigen Jahresverlauf hat der Index 7,73 Prozent zugelegt (alle Erträge in US-Dollar). Auf Sektorebene erholten sich Wachstumsaktien – angeführt von Technologieunternehmen, die während des größten Teils des Jahres 2022 durch steigende Zinsen unter Druck standen – weiter, da Spekulationen, dass die Fed bald umschwenken könnte, die Zinsen sinken ließen und Anlagen mit längerer Laufzeit unterstützten. Die Wertentwicklung der Sektoren innerhalb des MSCI World war überwiegend positiv. Die Sektoren Technologie und Kommunikationsdienste schnitten besser ab, während Finanzwerte und Immobilien auf relativer Basis schlechter abschnitten.

Worauf sollten Anleger in den kommenden Monaten achten?

Obwohl die Banken für die Wirtschaftstätigkeit systemrelevant sind, machen Finanztitel nur etwa 13 Prozent des S&P 500 und 15 Prozent des MSCI World aus. Die Erkenntnis aus den jüngsten Ereignissen ist nicht nur, dass einige Banken unterkapitalisiert waren. Vielmehr könnte jedes Unternehmen, das auf Finanzierungen angewiesen und mit Marktpreisrisiken konfrontiert ist, anfällig für Bilanz- und Finanzierungsstress sein. Und in einem Umfeld, in dem die Zinsen so schnell wie seit Jahren nicht mehr angestiegen sind, haben sich diese Risiken verschärft. Viele Unternehmen haben ihre kurzfristigen Verbindlichkeiten noch in der extremem Niedrigzinsphase aufgenommen, sodass Refinanzierungen zu wesentlich höheren Sätzen ihnen schnell gefährlich werden könnten.

Anleger müssen die Dynamik steigender Finanzierungskosten und härterer Geschäftsbedingungen in einem Abschwung oder einer Rezession auf Unternehmensebene bewerten. Wir glauben, dass dies die wichtigste Komponente ist, um anfällige Unternehmen zu identifizieren oder, im Gegensatz dazu, Überzeugung im Hinblick langfristige Anlagechancen zu entwickeln.

Welche Positionierung ist bei diesem Umfeld zu empfehlen?

Die jüngsten Ereignisse im Bankensektor dürften zu einer allgemeinen Verschärfung der finanziellen Bedingungen führen und uns dem Punkt näherbringen, an dem sich die Wirtschaft ausreichend abkühlt, was die Inflation bremsen wird. Die gute Nachricht ist, dass die Zentralbanken Spielraum für eine Pause bei den Zinserhöhungen haben werden, sobald wir diesen Punkt erreicht haben, wodurch die Renditen langfristiger Anleihen und damit auch die Bewertung aller anderen Anlageklassen (einschließlich Aktien) fester verankert werden. Unternehmen, die nachweisen können, dass ihre Gewinne der doppelten Bedrohung durch einen makroökonomischen Abschwung und einen inflationären Kostendruck standhalten, dürften davon profitieren.

Fazit: drei Lektionen für Anleger

Zu Beginn des neuen Quartals sollten Anleger unserer Meinung nach drei allgemeine Lehren aus dem Bankenstress verinnerlichen und auf ihre Portfolios und Allokationen anwenden.

Erstens: Sie sollten sich auf strengere Kreditkonditionen und höhere Kapitalkosten vorbereiten, indem sie sicherstellen, dass ihre Portfolios auf qualitativ hochwertige, Cash generierende Unternehmen ausgerichtet sind, die nicht übermäßig auf Refinanzierung angewiesen sind.

Zweitens sollten sie sich vor privaten Märkten in Acht nehmen, da diese möglicherweise nur die zugrunde liegenden und nicht erkannten Verluste verschleiern. Börsennotierte Aktien hingegen bieten Transparenz und Liquidität, die in diesem Umfeld geschätzt werden sollten.

Und schließlich drittens: Sie sollten nicht in Panik verfallen, wenn die Volatilität anhält, sondern daran denken, dass die Märkte nach einer sehr holprigen Fahrt das erste Quartal mit einem Plus abgeschlossen haben. Langfristig ausgerichtete Aktienstrategien mit einem disziplinierten Bewertungsansatz können den sich entwickelnden Risiken mit Überzeugung begegnen – und den Anlegern das Vertrauen geben, den Kurs zu halten. Komme, was wolle.


Über die Autoren:

Dev Chakrabarti, CIO Concentrated Global Equities, AllianceBernstein

Gunnar Knierim, Managing Director, AllianceBernstein


Dies ist ein Artikel aus unserem FINANCIAL PLANNING Magazin. Hier geht es zu der aktuellen Ausgabe: