Nachhaltigkeit und Performance – ein Zielkonflikt?
Mit Axel Brosey und Dr. Robin Braun
Die Schwankungen des Interesses an nachhaltigen Investments sind seit Jahren bemerkenswert. Das Pariser Klimaabkommen von 2015 und die von den Vereinten Nationen ausgegebenen Ziele für nachhaltige Entwicklung, auch als SDGs bekannt, haben das Interesse an nachhaltigen Investitionen erheblich gestärkt. Daraufhin kam es zur Einführung zahlreicher ESG- und anderer nachhaltiger Fonds in ganz Europa und für die Branche zu einem regelrechten Boom.
Die Anleger wie auch die Berater investierten mehr und mehr Geld in diese Anlagestrategien beziehungsweise legten immer mehr Geld darin an. Das befeuerte auch die Kurse von als besonders nachhaltig wahrgenommenen Unternehmen und ergab schließlich – im Jahr 2020 – beispielsweise bei „Cleantechaktien“ eine Blase.
Da es keine einheitliche Definition für nachhaltige Investitionen gab, sahen sich die Regulierer gezwungen, Anfang der 2020er-Jahre unter anderem durch die Offenlegungsverordnung (SFDR) einen einheitlicheren Rahmen zu schaffen. Das Ziel der SFDR war jedoch, im ersten Schritt mehr Transparenz für die Anleger zu schaffen, und zwar dadurch, dass Finanzmarktteilnehmer nun offenlegen müssen, wie die Bewertung ökologischer oder sozialer Merkmale (sogenannte Artikel-8-Fonds) erfolgt und auch erreicht wird oder wie ein nachhaltiges Investitionsziel (Artikel-9-Fonds) erreicht werden kann. „Die Offenlegungsverordnung war jedoch zu keinem Zeitpunkt als eine Kategorisierung von Nachhaltigkeitsqualitäten der Fonds gedacht“, sagt Dr. Robin Braun, Head of Group Sustainability bei LAIQON. Dazu fehlte es an klareren Vorgaben dazu, was genau eine nachhaltige Investition ist. Der viel zitierte Artikel 2,17 der SFDR geht jedoch mit näheren Details darauf ein, was eine nachhaltige Investition sein kann und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, zum Beispiel gute Governance oder das Faktum, dass kein Umwelt- oder Sozialziel erheblich beeinträchtigt wird.
Wie wird eine nachhaltige Investition also definiert? Hier gibt es Spielräume und verschiedene Ansätze. Voraussetzung ist, dass diese Ansätze von Finanzmarktteilnehmern transparent offengelegt und regelmäßig berichtet werden müssen.
Wir plädieren dafür, ein Unternehmen als Ganzes als nachhaltig zu betrachten, wenn es gewisse Voraussetzungen erfüllt. Sofern ein Unternehmen nur als nachhaltig gilt, wenn all seine wirtschaftlichen Aktivitäten gemäß EU-Taxonomie als nachhaltig eingeordnet werden können, greifen wir einen zu kleinen Teil der Wirtschaft ab. Daher sind eine strategische Ausrichtung mit objektiv validierten Klimazielen oder signifikanter Positionierung mit messbaren und signifikanten Beiträgen zu den SDGs nur zwei Beispiele des „Entity-Ansatzes“, den wir und der Regulator für umsetzbar halten.
Welche Arten von Unternehmen unter den „Entity-Ansatz“ fallen? Nach unserer Auffassung gibt es drei Arten von nachhaltigen Unternehmen, und auf diese setzt Axel Brosey mit seinem Fonds, dem LF – Green Dividend World: „Pure Plays“, „Enabler“ und Transformationsunternehmen.
„Pure Plays“ zeichnen sich dadurch aus, dass sie Produkte und Dienstleistungen bereitstellen, die direkt einen positiven ökologischen Beitrag erzielen. Ein Beispiel ist ein Windparkbetreiber, der grünen Strom produziert. „Enabler“ zeichnen sich dadurch aus, dass sie Produkte und Dienstleistungen bereitstellen, die es Dritten ermöglichen, eine positive Wirkung zu erzielen, zum Beispiel ein Windturbinenhersteller, der dem Windparkbetreiber ermöglicht, grünen Strom zu produzieren.
Transformationsunternehmen sind traditionelle Unternehmen, die sich in Bezug auf die Nachhaltigkeit erheblich zum Besseren wandeln. Die Verbesserung sollte sich auf die Produkte, die Produktionsprozesse und auch die Lieferketten beziehen. Ein Beispiel ist ein Unternehmen, das sich wissenschaftsbasierte Klimaziele im Einklang mit dem Abkommen von Paris setzt und sich selbst wie auch seine Lieferketten tatsächlich dekarbonisiert.
Die Frage bleibt: Wie kann man von Investitionen in diesen Unternehmen profitieren?
Wir sind der festen Überzeugung, dass es langfristig keinen Zielkonflikt zwischen nachhaltiger Geldanlage und Performance gibt. Zwar mag es kurzfristig zu temporären Übertreibungen und Verwerfungen kommen, so wie es 2020 zu Übertreibungen und in den Jahren danach zu Verwerfungen kam, insbesondere bei „Pure Plays“ und teils bei „Enablern“. So sind schwankungsintensive Jahre an der Börse zwar schmerzhaft, jedoch für einzelne Branchen normal. Die strukturelle Nachfrage nach Produkten, die den Umweltschutz und die Dekarbonisierung fördern oder ermöglichen, kann davon nicht beeinträchtigt sein. Ebenso wenig die strukturelle Notwendigkeit, dass so viele Unternehmen wie möglich ihre Geschäftsmodelle und Lieferketten transformieren und dekarbonisieren.
Die Erde erwärmt sich treibhausgasbedingt schneller als erwartet. Letztlich haben Finanzmarktteilnehmer im Allgemeinen und wir als Investoren im Speziellen die Verantwortung, das Geld zu den Unternehmen und den wirtschaftlichen Aktivitäten zu lenken, die uns eine gute Zukunft ermöglichen. Genau dies tun wir mit unserem Fonds LF – Green Dividend World. Dies dürfte langfristig auch durch Perfomance honoriert werden. Somit gibt es nach unserer Auffassung keinen Zielkonflikt, sondern die Möglichkeit, Performance und Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen.
Vielleicht sollte man auch den Begriff Nachhaltigkeit weiter spannen und abstrahieren: Ein nachhaltiges Geschäftsmodell kann in seiner Grundform als eines gesehen werden, das gegenüber zukünftigen Risiken robust aufgestellt ist und Chancen sowie Opportunitäten gewinnbringend für seine Interessengruppen nutzt – ohne dabei Schäden für Umwelt und Gesellschaft zu verursachen. Das wäre dann ein weiteres Argument dafür, dass es keinen Zielkonflikt gibt.
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Dies ist ein Artikel aus unserem FINANCIAL PLANNING Magazin. Hier geht es zu der aktuellen Ausgabe: