Karriere

Finanzplaner Johannes Hirsch im Interview

Ein Interview mit JOHANNES HIRSCH, Vorstand der antea AG und Geschäftsführer der antea Vermögensverwaltung GmbH

Beschreiben Sie bitte Ihre Tätigkeit und Ihr Unternehmen.

Antea wurde 2001 als Family Office gegründet. Da das Verständnis für diesen Begriff unterschiedlich ist, ist es durchaus sinnvoll, ihn zu beschreiben. Also: Wir erstellen für den Kunden anhand der bestehenden Vermögensgegenstände eine Bilanz, gleichen diese mit seinen Vorstellungen ab, empfehlen dann das für ihn geeignete Vorgehen und begleiten sowohl die Umstellung als auch die weitere Entwicklung. Dazu gehört auch das Identifizieren von geeigneten Spezialisten für das Management einzelner Aspekte.

Ausgehend von diesem Kerngeschäft kümmern wir uns um alles, was mit der Vermögenssphäre des Kunden zu tun hat. Wir definieren den Begriff der Ganzheitlichkeit also schon etwas anders als beispielsweise ein Mediziner.

Ausgehend von dieser Grundhaltung können höchst unterschiedliche Themen auf den Tisch kommen. Da gibt jemand seinen Job für mehr gemeinsame Zeit mit der Ehefrau als der Inhaberin des Vermögens auf, will sich dafür aber von ihr seine damit aufgegebenen Rentenansprüche auszahlen lassen, die von uns zu errechnen und dann auch adäquat anzulegen sind. Oder jemand möchte sein Unternehmen verkaufen und benötigt dafür einen Sparringspartner für den laufenden Austausch bei dem Verkaufsprozess. Dabei haben wir zunächst einen konkurrierenden Käufer und auch Spezialisten für die steuerlichen und juristischen Belange besorgt. Mittels des Verkaufserlöses sollte eine Stiftung errichtet werden, wofür eine Begleitung notwendig war. Oder wir kalkulieren als Rechenknecht die Rendite eines Immobilienangebots. Oder … Die Tätigkeiten sind schon recht unterschiedlich, Langeweile kommt nicht auf.

Im Rahmen der laufenden Betreuung kommt auch das Management des liquiden Vermögens auf. Das kann aber zu gering für das Engagieren eines Vermögensverwalters sein oder der Vermögensinhaber hält nichts von aktivem Management. Da boten sich ETFs als Anlage an, was vor 20 Jahren noch ein ungewöhnlicher Ansatz war, für viele Indizes gab es, heute kaum vorstellbar, noch nicht einmal ETFs. Um auch hier lieferfähig zu sein, haben wir 2005 eine Tochtergesellschaft gegründet, welche die BaFin-Erlaubnis zur Vermögensverwaltung hat. Diese ist somit zu einem zweiten Standbein von antea geworden.

Aufgrund der absehbaren Einführung der Abgeltungssteuer gewannen 2007 Anlagen in Investmentfonds stärkere Aufmerksamkeit. Jedoch haben wir keinen gefunden, der die hiesig verfolgte Anlagestrategie des Yale-Stiftungsfonds mit seinen vielerlei Anlageklassen verfolgte, die so wenig wie möglich miteinander korrelieren und von ausgewiesenen Spezialisten gemanagt werden. Also haben wir dieses Grundprinzip unseres Family-Office-Ansatzes in eine eigene Fondslösung gepackt, und der antea-Fonds erblickte das Licht der Welt. Zehn Anlageklassen mit fünf höchst renommierten Portfolio-Managern habe ich anderweitig noch immer nicht gesehen. Hinzu kamen inzwischen der antea Strategie II mit seinen Spezifika und der antea Einkommen Global mit seiner jährlichen Ausschüttung von mindestens drei Prozent. Diese Fonds mit ihrer Diversifikation erfreuen sich mittlerweile auch externer Aufmerksamkeit, sie bilden das dritte Standbein von antea.

Welche Kundengruppen beraten Sie schwerpunktmäßig?

Dies sind ganz eindeutig vermögende Privatkunden. Um Unternehmensvermögen kümmern wir uns nur als Bestandteil des Privatvermögens. Daneben haben wir ein Mandat bei einem Spezialfonds, wo wir einem institutionellen Anleger Dividenden als Ersatz für frühere Zinseinnahmen besorgen, die er für seine laufenden Ausgaben verlässlich benötigt.

Was sind Ihre Beratungsschwerpunkte?

Im Mittelpunkt steht die Lebensplanung des Kunden, denn sein Vermögen soll dieser Planung dienen. Und erst recht soll es ihn nicht noch belasten. Als größtes Lob empfinde ich immer die Rückmeldung eines Kunden, dass er sich wieder intensiv den ihm wirklich wichtigen Dingen widmen kann. Das wird dann auch häufig sogar mit einem Dank verbunden.

Für das Herausfinden dieser ihm wichtigen Dinge und auch der Lebensplanung sind zwischenmenschliche Fähigkeiten gefragt, da relevante Aspekte häufig zwischen den Zeilen herausgehört werden müssen. Als essentiell in meiner Tätigkeit sehe ich also das Zuhören.

Wie stellt sich Ihre Vergütung dar?

Es könnte natürlich mehr sein. Wir meinen schon, dass wir mehr verdienen als wir verdienen, schließlich ist der Nutzen für den Kunden häufiger direkt messbar. Aber mit dieser Haltung stehen wir vermutlich nicht allein da, also jammern wir nicht.

Für unsere Honorierung haben wir drei Modelle: Entweder als Anteil des betreuten Vermögens oder als Stundensatz oder als Pauschale für beispielsweise ein Projekt. Welches Modell zur Anwendung kommt, hängt von dem konkreten Auftrag ab.

Welche Software setzen Sie ein?

Für die laufende Betreuung der Mandate stellen wir gerade vom vwd-Portfoliomanager auf QPLIX um. Wichtig ist uns, dass wir sowohl Vermögensgegenstände mit als auch solche ohne Börsennotiz in einem Gesamtreporting darstellen können.

Für Planungskalkulationen benutzen wir das gute alte Excel. Das klingt womöglich antiquiert, es hat aber die großen Vorteile, durchgängig sämtliche Kalkulationen selbstgesteuert vornehmen zu können und völlige Transparenz bei allen Schritten zu haben. Darauf gekommen bin ich bei einer Erinnerung an den vollständigen Finanzplan, den ich im Rahmen der Projektarbeit für den Finanzökonom zu erstellen hatte. Vor 25 Jahren durften wir noch keine Finanzplanungsprogramme nutzen. Das haben wir damals zwar verflucht, jedoch sorgte es für ein volles Verständnis der Bedeutung eines Finanzplans und der Interdependenzen der Daten. Dieser generelle Aspekt zeigt sich auch in unseren erstellten Planungen und wirkt zusammen mit den genannten Vorteilen sehr positiv.

Daneben haben wir für Kursinformationen den vwd-Marketmanager und für alle Informationen zu Rahmenbedingungen Makrobond.

Welche Literatur lesen Sie und welche empfehlen Sie den Lesern des Magazins?

Als sehr wichtig empfinde ich die Kenntnis über alle relevanten Veränderungen in der Welt. Und zwar unabhängig von ihren Bereichen. Nur dann sehe ich mich in der Lage, Aussagen der Kunden zu ihrer Lebensplanung bewerten zu können. Dazu informiere ich mich in der F.A.Z.

Der Finanzplaner ist bekanntlich ein Generalist mit vertieften Spezialkenntnissen. Deshalb gibt es sehr viele Bereiche, in denen ich nur über ein Generalistenwissen verfüge. Dieses vertiefe ich dann in Abhängigkeit von dem jeweiligen Bereich, da kann ich keine generelle Empfehlung geben. Eine grundsätzlich gute Idee ist selbstverständlich die Lektüre des Financial Planning Magazins.

Welche Fortbildungen und Netzwerke nutzen Sie?

Gerade habe ich ja erst wieder meine Unterlagen für die Re-Zertifizierung eingereicht. Dabei ist mir aufgefallen, bei wieviel unterschiedlichen Veranstaltern ich mich fortgebildet habe. Und wie stark ich weit über den benötigten Bedarf hinaus Credits gesammelt habe, obwohl es für viele von mir besuchte Vorträge noch nicht einmal Credits gab. Wichtig sollte das Interesse an den Themen sein und nicht der Erhalt der Credits.

Ja, viele Veranstaltungen organisiert das IFNP und das finde ich auch ganz großartig. Wenn ich nächstes Jahr aber 40 Jahre in der Finanzbranche tätig sein werde, an dem Kontakt mit anderen Menschen grundsätzlich interessiert bin und aus Überzeugung ein Teamplayer bin, wäre es schon arg merkwürdig, wenn ich da nicht mein eigenes Netzwerk aufgebaut hätte.

Welche Ausbildungen haben Sie absolviert?

Oh, soll ich jetzt beim Abitur oder der Banklehre anfangen? Als wissensdurstiger Mensch hat sich da bei mir viel angesammelt. Sehr prägend war sicherlich der Finanzökonom, der inzwischen fast ein Vierteljahrhundert her ist. Erstens wegen der Erkenntnisse des vollständigen Blicks auf die Finanzsituation eines Vermögensinhabers und zweitens wegen der Erweiterung meines Netzwerks, das sich auch mittelbar dadurch ergeben hat.

Was macht für Sie einen guten Finanzplaner aus?

Dafür ist zunächst ein gutes Basis- und Generalistenwissen notwendig. Darüber hinaus spielt aber auch die Anwendung dieses Wissens eine große Rolle, da geht es um Menschenkenntnis und Empathie. Und Offenheit und Neugierde für alle Änderungen unserer Welt im Wandel halte ich für essentiell. Sicherlich sind die notwendigen Qualifikationen immer auch abhängig von der konkreten Stellenaufgabe, aber zumindest bei der von uns gerade zu besetzenden Stelle suchen wir nach Menschen mit diesen Voraussetzungen.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft und welche Weiterentwicklung erhoffen Sie sich?

Kann ich jetzt hier den Weltfrieden nennen oder eine Welt ohne Hunger? Bezogen auf das Financial Planning wäre ich glücklich, wenn der FPSB in der breiten Öffentlichkeit als die wichtigste Instanz bei allen Fragen um das Vermögen von Privatpersonen angesehen würde. Aber wann immer in der Tagesschau jemand zu diesem Thema interviewt wird, taucht da ein anderer Verband oder eine andere Institution auf. Ich habe mich daran gewöhnt, dass manch Weiterentwicklung eine Hoffnung bleibt.

Welche Hobbys haben Sie?

Handball als Leistungssport musste ich aufgrund eines Hörsturzes leider schon im Alter von 14 Jahren aufgeben. Geblieben ist das generelle Interesse. Was war ich stolz, als wir mein Jugendidol Heiner Brand nach dem Gewinn der WM 2007 als Werbepartner für den antea-Fonds gewinnen konnten.

Als Sohn eines Schallplattenproduzenten und einer Opernsängerin wird kaum verwundern, dass Musik weiterhin ein Riesenthema für mich ist. Jeweils die passende für die jeweilige Situation. Eine schlechte wird dadurch leichter verarbeitbar und eine gute lässt sich so noch besser genießen.

Die Freude an Menschen und deren Gedanken kann ich sogar in der täglichen Arbeit ausleben, hier wurden Hobby und Beruf eins.

Vielen Dank für das Gespräch.


Johannes Hirsch:

Vorstand der antea AG und Geschäftsführer der antea Vermögensverwaltung GmbH


Dies ist ein Interview aus dem aktuellen FINANCIAL PLANNING Magazin. Hier geht es zur aktuellen Ausgabe: