Kolumne

Kriterien für erfolgreiche Aktieninvestments in turbulenten Zeiten

Eine Kolumne von Frank Biller, Geschäftsführer von FB Investment Advisory und Fondsberater bei ART Alpha Opportunities

Ein zentrales Ziel aktiver Manager ist ein Mehrertrag durch ihre Anlageentscheidungen. Bei der Titelselektion bedeutet das, die Titel zu identifizieren, die eine überdurchschnittliche Wertentwicklung gegenüber einem definierten Anlageuniversum erwarten lassen. Potenzial für Überrenditen, die auch künftig attraktiv sein dürften, bieten insbesondere familiengeführte Unternehmen und Unternehmen mit einer starken Wettbewerbsqualität.

Für eine konsistente und nachhaltig erfolgreiche Anlagestrategie ist es entscheidend, dass ein Mehrertrag nicht das Ergebnis eines mehr oder weniger glücklichen Stock-Pickings ist, sondern dass der zugrunde liegende Investmentansatz eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine wiederholbare Überrendite hat. Um dieses Ziel zu erreichen, sollten Kriterien im Fokus stehen, deren Potenzial für Überrenditen nicht nur empirisch gut untermauert, sondern auch wirtschaftlich plausibel ist. Damit besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass auch künftig Überrenditen mit diesen Kriterien erzielbar sind. Renditeziele können so mit deutlich reduziertem Marktrisiko erreicht werden.

Kriterien mit empirisch gut untermauerten Überrenditen

Zwei Kriterien, die historisch signifikante Überrenditen geboten haben und auf einer wirtschaftlich fundierten Basis beruhen, sind „familiengeführt“ und „Wettbewerbsqualität“. Bei familiengeführten Unternehmen, also Unternehmen, bei denen die Gründerfamilie noch maßgeblichen Einfluss hat, zeigt sich, dass diese deutlich besser geführt werden als Vergleichsunternehmen. Umfangreiche Studien und eigenes Research kommen zu dem Ergebnis, dass familiengeführte Unternehmen stärker wachsen und solider finanziert sowie profitabler sind als Unternehmen, auf die das Kriterium „familiengeführt“ nicht zutrifft. Der Werttreiber „Wettbewerbsqualität“ zielt auf Unternehmen ab, die über ausgeprägte Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz verfügen. Wettbewerbsqualität erkennt man quantitativ an überdurchschnittlichen Margen und Eigenkapitalrenditen sowie einer hohen Stabilität der Profitabilität.

Beide Kriterien sind empirisch gut untersucht. Der bisherige Mehrertrag für das Kriterium „familiengeführt“ liegt – gemessen am Index DAXplus Family 30 – seit Berechnungsbeginn vor rund 20 Jahren bei gut 4 Prozent pro Jahr. Aber auch für andere Universen zeigt sich ein ähnlicher Mehrertrag. Für das Kriterium Wettbewerbsqualität liegt dieser Wert jährlich bei circa 3 Prozent. Unternehmen, die diese Kriterien erfüllen, verfügen über starke fundamentale Werttreiber. Und langfristig folgen die Kurse den Fundamentaldaten. Deshalb sollten diese Werte auch zukünftig durchschnittlich erreicht werden. Nichtsdestotrotz sollte bei einer Investmententscheidung auch die Unternehmensbewertung berücksichtigt werden.

Volatilität bietet Gelegenheit, in erfolgreichen Unternehmen zu investieren

Gerade in wirtschaftlich turbulenten Zeiten bieten sich familiengeführte Unternehmen und Unternehmen mit hoher Wettbewerbsqualität als Investment besonders an. Fundamental ist das Risiko bei familiengeführten Unternehmen durch beispielsweise deutlich höhere Eigenkapitalquoten oder finanzstarke Ankeraktionäre eher geringer als bei Vergleichsunternehmen. So kam eine Studie der TU München 2019 für rund 500 börsennotierte Unternehmen für einen Zehnjahreszeitraum zu dem Ergebnis, dass die durchschnittliche Eigenkapitalquote börsennotierter familiengeführter Unternehmen bei 42 Prozent gegenüber 28 Prozent bei nicht familiengeführten börsennotierten Unternehmen lag. In der Folge erholen sich familiengeführte Unternehmen auch schneller nach Marktrückgängen, da sie in der Regel finanziell stabil sowie gut geführt sind und deshalb auch besser durch Krisenphasen kommen.

Unter den familiengeführten Unternehmen – insgesamt gibt es in Europa einige hundert – befinden sich überproportional viele Small- und Mid-Caps. Diese weisen bei Marktkorrekturen häufig eine erhöhte Volatilität auf und bieten damit auch Chancen zum Einstieg. Allerdings gibt es auch unter den Large-Caps familiengeführte Unternehmen, wie Roche, SAP, Henkel, LVMH oder Merck. Bewegt man sich hier, so hat man die erhöhte Volatilität der Nebenwerte nicht, ist aber trotzdem in erfolgreiche familiengeführte Unternehmen investiert.

Mit dem Kriterium „Wettbewerbsqualität“ können Anleger hingegen nicht nur auf Unternehmen mit überdurchschnittlich robusten Finanzergebnissen setzen, sondern auch für einen impliziten Inflationsschutz sorgen. Bei der aktuell hohen Inflation haben Qualitätsunternehmen deutliche Vorteile. Ihnen hilft die Preissetzungsmacht, die sie üblicherweise haben, und deren Bedeutung, die bei der Beurteilung eines Unternehmens zugenommen hat. Wenn steigende Preise auf Kunden abgewälzt werden können, so können Margen auch bei steigenden Inputkosten verteidigt werden. So kommen Unternehmen mit stabiler oder sogar steigender Profitabilität gut durch eine Inflationsphase. Bei Unternehmen, die keine oder eine geringe Preissetzungsmacht haben, wird die Profitabilität unter Druck kommen. Hier sollte man sehr genau hinschauen, da Gewinnwarnungen drohen.

Allerdings gibt es auch bei Qualitätsunternehmen nicht häufig die Gelegenheit, zu günstigen Bewertungen zu investieren. Hier bietet die zuletzt turbulente Marktphase ebenfalls exzellente Gelegenheiten, in qualitativ hochwertige Unternehmen zu investieren.

Investmentstrategie jenseits von Modethemen

Mit dem Ansatz, auf gut geführte Unternehmen mit starker Wettbewerbsposition zu setzen, besteht nicht nur eine hohe Wahrscheinlichkeit für ein überdurchschnittlich erfolgreiches Investment, sondern es existiert dabei auch keine Abhängigkeit von Trends oder Modethemen, da die Kriterien branchenübergreifend anwendbar sind. Gerade bei Trends und Modethemen besteht hingegen das Risiko, hier spät in hoch bewerteten Unternehmen zu investieren, während die Trends auslaufen. Investments erweisen sich dann selten als erfolgreich.

Robuste und langfristig erfolgreiche Kriterien bieten sich im derzeit herausfordernden Umfeld besonders an. Für ein Umfeld mit nachlassendem Wirtschaftswachstum und steigenden Zinsen sind familiengeführte Unternehmen mit ihren hohen Eigenkapitalquoten, aber auch langfristigen Investitionsentscheidungen besonders gut aufgestellt. Eine hohe Preissetzungsmacht und Wettbewerbsvorteile sind darüber hinaus eine sehr gute Basis, um im Umfeld mit hoher Inflation zu bestehen. Im Ergebnis dürfte ein Portfolio, das stark auf familiengeführte Unternehmen und Wettbewerbsqualität setzt, nicht nur langfristig überdurchschnittliche Renditepotenziale aufweisen, sondern auch ein geringeres fundamentales Risiko.


Über den Autor:

Frank Biller ist Geschäftsführer von FB Investment Advisory sowie Fondsberater bei ART Alpha Opportunities. Der Fokus der bisherigen der beruflichen Tätigkeit bildeten das institutionelle Assetmanagement, die Kapitalmarkt- und Aktienanalyse sowie das Fonds-Advisory.


Dies ist ein Artikel aus unserem FINANCIAL PLANNING Magazin. Hier geht es zu der aktuellen Ausgabe: